Dru: Erneuerung und Reaktion. Die Restauration in Frankreich 1800-1830

Erneuerung und Reaktion 1800-1830Welchen Grund kann es geben, heute noch ein Buch über „Die Restauration in Frankreich 1800-1830“ (so der Untertitel des Buches ) zu lesen? Der Autor selbst gibt an verschiedenen Stellen des Werkes die Antwort: es ist ein Lehrstück darüber, wie eine Welt nach dem rasenden Wandel der Revolutionsepoche nach ihren Wurzeln und Traditionen sucht und sie in einer erneuerten Religion zu finden glaubt. Man sieht, die Thematik ist durchaus aktuell, denn wenn man will, befindet sich auch unsere Epoche in den letzten Jahren des „Ancien Regime“, vielleicht sogar im Vorfeld von Umwälzungen, denen gegenüber die Blutorgien der Französischen Revolution nur ein Klacks gewesen sein werden. Wir befinden uns aber auch – jedenfalls im internationen Maßstab – in einer Epoche der Revitalisierung der Religion, die sich als der letzte Hort der Humanität entpuppen könnte.
Soweit der dunkle und ein wenig beängstigende Horizont, in dem Alexander Dru seine Studie stellt, die mit dem Sturz Napoleons beginnt und im Kern die letzten fünfzehn Jahre der bourbonischen Restauration beschreibt. Es ist deswegen auch eine historische Studie über das Dilemma aller Restaurationen, das an den Figuren von Ludwig XVIII und Karl IX, aber auch an Chateuabriand und Lammenais überdeutlich wird. Denn Restaurationen beziehen ihre Kraft vorwiegend aus den Werten einer Vergangenheit, die gegenüber den oft verantwortungslosen Verheißungen einer Zukunft immer schlecht aussieht – und das um so mehr, je mehr die Menschen ihre geschichtliche Verwurzelung verlieren. Am Beispiel des vorliegenden Buches wird zudem deutlich, welche Deformationen die Restauration selbst im Angesicht einer unbelehrbaren Zukunftsgläubigkeit durchmacht: sie wird ebenso unbelehrbar, sie wird reaktionär und despotisch wie etwa der Klerikalismus der Dreyfußzeit und verschafft damit den Lokomotivführern in eine ungewissen Zukunft umso mehr Auftrieb.

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