Livingstone: Reisetagebücher 1866-1873

LivingstoneEigentlich wollte der 27jährige Schotte David Livingstone im Jahre 1840 als Missionar nach China gehen, doch weil ebendort der Opiumkrieg tobte, verschlug es ihn nach Südafrika, wo er zehn öde Jahre in einer Missionsstation in der Kalahari predigte, lebte und forschte. Als es ihm dort zu langweilig wurde, stieß er zum Sambesi vor, folgte dessen Lauf zwischen Angola und Mozambique, entdeckte 1855 die Viktoriafälle und versuchte, wenngleich vergeblich, den Sambesi von der Mündung bis zu den Viktoriafällen mit Schaufelraddampfern zu befahren.
Zu dem Zeitpunkt, in dem die vorliegenden Reisetagebücher Livingstones einsetzen, ist der schottische Entdecker also schon weltberühmt, und als „Champion der zeitgenössischen Entdeckerzunft“ macht er sich im Jahre 1866 von Sansibar aus zu den Quellen des Nil auf, um das letzte große Rätsel der afrikanischen Geographie zu lösen.
056Um es gleich vorweg zu sagen: er hat es nicht gelöst, und ist stattdessen in den Bangwueleo Sümpfen 1873 gestorben. Was er für das Quellgebiet des Nils gehalten hatte, stellte sich infolge der Forschungen seines Nachfolgers Stanley als das Quellgebiet des Kongo heraus. Livingstones Herz liegt heute noch in Afrika begraben, während sich seine sterblichen Überreste in Westminister Abbey befinden.
Ist der große Humanist, Missionar und Entdecker also letztendlich gescheitert, sind die Aufzeichnungen seiner letzten Reise auch heute noch mit Gewinn zu lesen. Manches wird man sogar noch heute vor Ort wiedererkennen können. So heißt es etwa am 24.5.1870: „Der Afrikaner hat ein anderes Temperament, er neigt zu idyllischer Lebensweise. Wenn man ihn in Ruhe lässt, treibt er seinen Ackerbau mit Ruhe und Vergnügen. Von anderen Ländern weiß er wenig, aber die Vorstellung ist tief in ihn eingepflanzt, dass ein Mensch Eigentum eines andern werden kann.“ Und weiter: „Das Land ist von romantischer Schönheit. Berge, die sich wohl 8oo m über die Hochfläche erheben, zeichneten eine zackige Silhouette. Mit einiger Phantasie könnte man sich in einen ländlichen Distrikt Englands versetzt fühlen.“
Auf seiner jahrelangen Reise durch das Innere Afrikas erlebt der nimmermüde Forscher aber auch durchaus Erheiterndes So notiert er etwa am 9.10.1866: „Es gilt aber hier als höchst unhöflich, einen Menschen reden zu lassen, ohne irgendetwas zu antworten. So wurde mir also während meiner Erzählungen ein Knabe gegenübergestellt, der nach jedem Satz, den ich vorbrachte, antwortete: hem!“ Auch nicht schlecht: die Sitte, dass jungen Mädchen den Häuptlingen nach jedem Tafelgenuss die Bäuche reiben, um die richtige Verteilung der Säfte zu gewährleisten. Ob und wie oft sich dabei evtl. die falschen Säfte regen, hat der Froscher leider nicht berichtet. Er war eben zu sehr mit der Suche nach den Quellen des Nil beschäftigt.

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