Louis Begley: Schmidt

Begley SchmidtNicht nur Blumen, die duften, haben einen besonderen Zauber, mit dem sie die Menschen für sich einnehmen. Auch gute Bücher besitzen eine Aura, eine Stimmung, die den Leser schon nach wenigen Seiten gefangen nimmt und ihn bis zum Ende des Buches nicht mehr loslässt. Manchmal ist die Story der Haken, an dem der Leser zappelt, meistens aber ist es die Sprache, der Duktus der Erzählung, die uns in ihren Bann zieht. Bei Louis Begley ist es beides, die Geschichte von Albert Schmidt, dem pensionierten Sozius einer renommierten New Yorker Anwaltskanzlei, dem die Frau gestorben ist und dessen raffgierige und herzlose Tochter einen ungeliebten jugendlichen Streber heiratet – und die Sprache, in der diese Geschichte erzählt wird: unaufdringlich aber präzise, im heiter distanzierten, aber nicht unernsten Ton wird der Kampf eines Menschen gegen Verlorenheit und Verzweiflung des Alters entfaltet, ein Memento Maori für alle, die jünger sind – und ein kongeniales Buch zu Philip Roths „Der menschliche Makel“, nicht nur wegen seiner Thematik, sondern auch, weil bei Begley wie bei Roth Unterschichtsfrauen in ihrer unverstellten Körperlichkeit den Geistmenschen ihre letzten Glücksmomente schenken. Bei Roth ist es eine Putzfrau, bei Begley eine Kellnerin. Was soll’s Goethe hat es vorgemacht und ist dabei glücklich geworden.

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