McCarthy: Die Straße

McCarty Die straßeDas vorliegende Buch erzählt die Geschichte eines Vaters und eines Sohnes, die auf einer imaginären „Straße“ in einer nicht näher beschriebenen Zukunft durch eine zerstörte und tote  Welt ziehen. An  den meisten Tagen ist noch nicht einmal die Sonne zu sehen, nur graue Asche liegt über dem Horizont, von einem Wind getrieben, der „wie die Sandwirbel eines Rochens über die toten Ebenen zieht“.  Da Nutztiere und Pflanzen, die Städte und die  Landwirtschaft verschwunden sind, gibt es keine Nahrung mehr. Vater und Sohn ernähren sich von Zufallsfunden, verborgenen Depots, die sie inmitten der verrosteten Überreste der menschlichen Zivilisation aufspüren. In ihrer Not brechen sie in verlassenen Häusern ein und erleben unbeschreibliche Szenen – immer in der Furcht, den kannibalischen Banden in die Hände zu fallen, die längst damit begonnen haben, alleine herumirrenden Menschen einzufangen und zu fressen.

Erzählt wird die Geschichte in einer abgeschmirgelten Protokollsprache, in der das Aufschnüren eines Rucksackes und die Entdeckung eines angekohlten Kinderrumpfes auf einem Bratspieß übergangslos aufeinander folgen, womit der Leser, je weiter das Buch voranschreitet, in eine kaum mehr erträgliche Spannung gehalten wird.  So führt der Weg des namenlosen Vater und seines ebenso namenloses Sohnes  mit ständig wechselnden Obertönen von Not, Leid, Grauen und Angst über 250 Seiten lang der Küste entgegen. „Gegen die Kälte bis über den Kopf in Decken gehüllt, ihren Atem wie Rauch vor dem Mund, schlurften sie durch die seidig schwarzen Verwehungen. Sie überquerten die breite Küstenebene, wo der ewige Wind sie mit heulenden Aschenwolken zwang, Deckung zu suchen, wo immer sie konnten. In Häusern oder in Scheunen oder in der Böschung eines Straßengrabens, die Decken über die Köpfe gezogen, der Mittagshimmel schwarz wie der Kerker der Hölle. Er hielt den bis ins Mark frierenden Jungen an sich gedrückt. Verlier nicht den Mut, sagte er, wir schaffen das schon.“ (S. 158) Man sieht, ganz ohne Hoffnung kommt auch dieses düstere Werk nicht aus. Am Ende, als der Vater an der Küste stirbt, taucht plötzlich ein Fremder auf, in der Terminologie des Buches „ein Guter“, der den kleinen Jungen unter seine Obhut nimmt, ohne dass klar würde, wie die beiden in dieser Endzeit überleben sollen.

Ganz betäubt legt man das Buch zur Seite und fragt sich: was soll diese Geschichte? Mir kam es fast so vor, als hätte ich die Geschichte eines modernen Jeremias gelesen, die einer gleichgültigen Gegenwart das Ende der Welt beschreiben will. Wie dem auch sei:  gleichgültig wird dieses Buch Niemanden lassen, und ich bin gleich nach dem Ende der Lektüre in den Garten gegangen um dem Gesang der Vögel zu lauschen.

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