Bank: Der Schwimmer

Eine Frau besteigt ohne Gepäck die Eisenbahn und verlasst ihre Familie, um  in den Westen zu gehen. Zurück bleiben Kalman, ihr Mann, der kleine Sohn Isti und Kata, die Erzählerin des vorliegenden Buches, die jeder für sich diese Flucht der Mutter nicht begreifen können und unter ihr bis auf die Knochen leiden. Der Vater wird melancholisch, der kleine Isti beginnt zu phantasieren, und eine erdrückende Aura von Melancholie legt sich wie eine Decke über den Rest der Familie.

Wir befinden uns im  provinziellen Ungarn der Fünfziger Jahre, einer durch und durch bäuerlich geprägte Welt  mit dem ganzen kauzigen Personal von Grossmuettern und Grossvaetern, Enkeln, Söhnen und vor allem Vätern, die  samt und sonders nach Zigaretten und Wein riechen. Ganz im Unterschied zum Eindruck den der Klappentext erweckt, kommt die Zeitgeschichte und die Revolution von 1956 nur ganz am Rande vor –  dafür gibt es Landschaft, Stimmung und Familienkolorit bis zum Abwinken, und es ist wahrscheinlich nur dem  ausgereiften Stilempfinden der Autorin zu verdanken, dass die  Geschichte nicht in die Untiefen einer Schmonzette abdriftet. Warum die Mutter eigentlich gegangen ist und der ganzen Familie eine Selenwunde bis an das Lebensende gerissen hat, wird am Ende nur kurz angedeutet: „Irgendwann zerbrach etwas, sagte Anna, wie manchmal etwas zerbreche, ohne dass man ungeschickt sei oder dass man es wolle, es geschehe einfach.(…) Irgendwann gehe es dann nur noch um Ertragen, fuhr Anna fort, um nichts anderes mehr, aber fürs Ertragen sei Kalmans  Frau nicht gemacht.“ So sind halt manche Menschen denkt der Leser, wenn er das Buch zuschlägt. Sie nehmen von der Liebe nur das Glück wie den Rahm von der Milch, und wenn das Glück der ersten Stunde  zu Ende ist, gehen sie einfach davon.

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