Mecacci: Der Fall Marliyn Monroe und andere Desaster der Psychoanalyse

Marylin MonroaDass die Psychoanalyse in manchen amerikanischen Religionsatlanten als Sekte vermerkt und auf großen Karten dargestellt wird, wie sie sich in den Dreißiger Jahren in den USA zu einer Art Zivilreligion für Linksintellektuelle verwandelt, wird hierzulande, wo sie noch immer einen wissenschaftlichen Ruf genießt, befremden. Dass es Alfred Hitchcock war, der wie ein neuer Paulus die Lehre des Religionsgründers aus Wien durch seine Filme weltweit popularisierte, ist auch noch nicht ins allgemeine Bewusstsein gedrungen. Und wie sehr dien Gründerväter und -mütter, die Prinzen, Enkel und Erben der psychoanalytischen Bewegung ihrerseits der Neurose und dem Sexus verfallen waren, gehört zu den Einsichten, die jedenfalls in Deutschland noch immer auf ihre Popularisierung warten. Luciano Mecacci unternimmt in dem vorliegenden Buch immerhin den Versuch den letzteren Aspekt am Beispiel berühmter Fallgeschichten ins öffentliche Bewusstsein zu heben. Die schwer gestörte und labile Schauspielerin Marilyn Monroe ist dabei nur der bekannteste Fall unter vielen, bei der die Methode der Psychoanalyse die Probleme radikalisierte und möglicherweise das ihre zum Selbstmord beigetragen haben wird. Was es dazu auf den ersten 50 Seiten des Buches zu lesen gibt, ist schlichtweg erschüttert, nicht nur im Hinblick auf Marilyn Monroe sondern auch im Hinblick auf die kaum noch überschaubaren promiskuitiven hetero- und homosexuellen Eskapaden innerhalb der tiefenpsychologischen Gemeinde. Man sieht zum Beispiel den Film „Freud“, in dem Montgomery Clift den Meister spielt, ganz anders, wenn man weiß, dass der Schauspieler noch während der Dreharbeiten eine homosexuelle Affäre mit seinem Therapeuten durchlebte. Was es über die erschütternden Schicksale der Kinder von Psychoanalytikern, über den „Wolfsmann“, den Fall „Georg G.“ und die zahlreichen erfundenen und manipulierten Fallgeschichten zu lesen gibt, ist hochnotpeinlich für eine Schule, die noch immer den Fetisch der wissenschaftlichen Objektivität wie eine Monstranz vor sich her trägt. Ein ungemein genau recherchiertes und spannend zu lesendes Buch, dass den sexualitätsdurchsättigte Generalverdacht, mit der die Psychoanalyse unsere Alltagswelt überzogen hat,einmal sehr überzeugend gegen sie selbst in Stellung bringt.

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