Franz Werfel: Die vierzig Tage des Musa Dagh

In epischer Breite beschreibt Franz Werfel das Schicksal von 7 armenischen Dörfern im Norden Syriens, deren Einwohner sich der Armenier-Deportation im Jahre 1915 widersetzen und sich unter der Leitung des Priesters Ter Hasaguin und des Offiziers Gabriel Bagradian 40 Tage auf dem Berg Musa Dagh gegen türkische Sturmangriffe behaupten. Wie in einem Staatsgründungsroman wird der Leser Zeuge von Ordnung und Anarchie, Herrschaft und Opposition, Heldenmut und Verbrechertum innerhalb einer Gemeinschaft, die um das nackte Überleben kämpft und  – nach einer ungemein spannenden und fesselnden Hadnlung – am Ende untergeht. Man kann es kaum glauben, dass dieser Roman vor dem jüdischen Holocaust geschrieben wurde, doch es stimmt: die Vernichtung eines Volkes als Overtüre des 20. Jahrhunderts wurde von Werfel geschrieben, lange bevor die „Endlösung der Judenfrage“ ins Werk gesetzt oder auch nur geplant war. Werfels These, die hinter der Turbulenz seiner Handlung hervortitt, ist  von geradezu schockierender Kraft: der entgötterte Staat betritt die Bühne der Geschichte und wird zum Mörder im gigantischen Stil. Ganz deprimiert kann man werden, wenn man bedenkt, dass der Völkermord an den Armeniern heute fast ebenso vergessen ist wie dieses Meisterwerk der Literatur.

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