Gaarder: Genau richtig

Irgendwann beginnt man sich literarisch für Bücher über das Sterben zu interessieren. Nicht über das Sterben aus der Sichtweise der Wissenschaft, sondern für das Sterben aus der  Perspektive der Sterbenden. „Ich lebe doch so gerne“, schrieb Schlingensief in seinem „Tagebuch einer Krebserkrankung“. Kurz darauf ist er gestorben, obwohl er so gerne lebte. Sein Buch hat mich berührt, weil es sich um Ehrlichkeit und Würde bemühte. Auch Wolfgang Hermdorf schilderte in  „Arbeit und Struktur“ seinen  langen und letztlich erfolglosen Kampf gegen den Krebs.

Auf der Frankfurter Buchmesse begegnete ich dem Buch „Genau richtig“ von Jostein Gaarder.  Auch dieses Buch handelt vom Sterben. Im Mittelpunkt der kleinen Novelle steht der norwegische Lehrer Albert, der sich vollkommen überraschend mit der Diagnose einer  unheilbaren tödlichen Krankheit konfrontiert sieht. In einem kleinen Haus am See, das mit zahlreichen Lebenserinnerungen verbunden ist, verfasst er eine Lebensbeichte, eine Art Biografie, die mit kosmologischen Gedanken durchsetzt ist, nicht nur, weil Albert ein Hobby Astronom ist sondern auch, weil er damit versucht, dem Sterben einen Sinn abzugewinnen. Aber es gibt keinen Sinn. Während das Universum, die Liebe zwischen zwei Menschen, die Größe des Gehirns im Verhältnis zum Geburtskanal, die Wechselwirkung von Materie und Antimaterie beim Urknall und vieles andere mehr wunderbarerweise  „genau richtig“ ist, ist das der Tod eben nicht. Vor allem nicht das würdelose Sterben das Albert bevorsteht. Um dies zu verhindern überlegt er, wie er selbstbestimmt aus dem Leben scheiden kann, um seine Familie „das grauenhafte Endspiel“ zu ersparen. Ob er das wirklich tut oder sich für etwas anderes entscheidet, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Jeder wird das Ende, das Gaarder schließlich beschreibt,  möglicherweise anders bewerten. Für manche ist es „genau richtig“, für mich war es das nicht.

 

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