Genazino: Bei Regen im Saal

Genazino Bei Regen im Saal _Eigentlich schreibt Wilhelm Genazino seit Jahrzehnten immer am gleichen Buch, aber jedes Buch liest sich aufs Neue wunderbar und bereichernd. Hauptpersonen dieser Bücher sind die immer die Unscheinbaren, die an ihrem Alltag leiden, die Übersehenen und die „Kümmerlinge“, die ihr Studium, ihre Ehe und ihren Ehrgeiz „abgebrochen“ haben und die mehr schlecht als recht durch den Alltag torkeln. Im Mittelpunkt des vorliegenden Romans steht ein promovierter Philosoph, der sich nach dem Scheitern einer akademischen Karriere als nebenberuflicher „Überwinder“ Barkeeper und Reporter eines Anzeigenblattes durchschlägt. Dieser Reinhart – sein Name wir nur einmal ganz am Ende des Buches erwähnt – liebt die adrette und emsige Sonja und besonders ihre freiliegende Brust, die er als „unmittelbare Ermunterung zum Weiterleben“ (S.60) begreift. Leider ist Sonja mit Reinhart unzufrieden, weil er seine Leben verdöst, zu wenig duscht und muffelt und mit jede Menge Flecken auf seiner Kleidung durch die Gegend läuft. Eines Tages wirft sie ihn aus ihrer Wohnung, besinnt sich aber schon bald eines besseren, weil ihr neuer Partner ein noch größeres Desaster als der alte ist und kehrt zu Reinhaart zurück.   Viel passiert also nicht auf den 148 Seiten des Romans, und doch ist jede Seite des Buches eine Labsal, eine unterhaltsame Galerie zahlreicher Mikrominiaturen und zugleiche eine Therapie von den Zumutungen der Gewöhnlichkeit, die durch die Lektüre dieses Genazino Buches „überwunden“ werden können. Es ist  vor  allem die Sprache, mit der Genazino dieses Kunststück gelingt, eine halb ironische-halb analytische  Sprache, der es gelingt, durch BENENNUNG den Agonien des Alltags ihre Schrecken zu nehmen. Wie gesagt, die Handlung es vorliegenden Buches ist Nebensache, es ist die Stimmung, die das Buch trägt –  eine Stimmung einer ausgereiften Resignation als letzter Etappe bevor man in die Grube fährt.

 

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