Osterhammel: Die Entzauberung Asiens und die asiatischen Reiche des 18. Jahrhunderts

„Asien ist Europas Schicksal“, hat Andre Malraux einmal gesagt, und diese These stimmt, ganz gleich, in welchem Jahrhundert man sich befindet. Sie trifft vor allem für die Gegenwart zu, die in der Rückschau kommender Zeiten möglicherweise einmal als die Epoche gelten wird, in dem der Weltgeist endgültig von Europa nach Asien (und hier besonders nach Ostasien) zurückkehrte.

Umso interessanter ist es, das europäische Asienbild in seiner Genese nachzuzeichnen, auch uns gerade, weil das in dem vorliegenden Buch in einer geradezu enzyklopädischen Fülle geschieht. Der erste Teil des Buches («Wege des Wissens») fragt danach, unter welchen Umständen „Wissen“ – dieses Wort wird in einer sehr weiten Bedeutung verwendet – über Asien überhaupt entstehen konnte. Wie waren die Spielräume des Sichtbaren, des Denkbaren und des Sagbaren beschaffen? In welche Arten von Interaktionen zwischen Europäern und Asiaten waren sie eingebettet?  Der zweite Teil bietet eher eine Geschichte des europäisch asiatischen Verhältnisses im langen 18. Jahrhundert, die mitunter spannend wie ein Abenteuerbuch zu lesen ist.

Der Autor verdeutlicht die verschiedenen Etappen, in denen sich das Asienbild veränderte – vom „edelsten aller Kontinente“ in die Position einer rückständigen Region, die nach europäischer Vorherrschaft verlangte.  Ganz im Unterschied zu heute, müsste man hinzufügen..

Der Rückblick zeigt, wie aktuell „Die Entzauberung Asiens“ durch Europa in der Gegenwart ist. Die Aufgabe besteht nach Meinung des Autors in der Rekonstruktion einer Wahrnehmung der  Gleichrangigkeit. Auch wenn der Westen nach Meinung des Autors keinen Grund hat, trotz seiner vielfältigen Krisen seine kulturellen Traditionen einem Kulturrelativismus zu opfern, muss man doch  anerkennen dass viele der Basisstrukturen des Westens nicht zukunftssicher sind. Das Anerkennen einer neuen  Gleichrangigkeit impliziert auch die Möglichkeiten des Lernens und der gemeinsamen Weiterentwicklung. Wenn man an das gegenwärtige China denkt, mag dieser Gedanke nicht jeden mit Freude erfüllen. Reflektiert man jedoch die stupende Gemeinschaftsorientierung ostasiatischer Gesellschaften im Vergleich zu  liberalistischen Westen mag der eine oder andere nachdenklich werden.  Diese und ähnliche Gedanken werden in dem vorliegenden Buch in einer epischen Breite entfaltet, die jeden Kurzabriss verbietet. Wer trotzdem etwas mehr über erfahren will, klicke hier.

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