Pierre: Jesus von Texas

Dbc  („dirty but clean“) Pierres Roman. „Jesus von Texas“ gehört in die Kategorie von Büchern, die von der ersten bis zur letzten Seite einen ganz eigenen Ton anschlagen. Dafür ein Beispiel: „Ganz ehrlich, wäre meine alte Dame mit einer Gebrauchsanweisung geliefert worden, hätte garantiert irgendwo dringestanden, dass man ihr am Ende deinen Tritt in den Arsch geben soll.“ So spricht Vernon Little, ein jugendlicher Texaner, der in dem vorliegenden Buch seine Geschichte erzählt – und zwar die Geschichte eines Schulmassakers in dem texanischen Ort Martirio.

Vernon Littles durchgeknallte alleinerziehende Mutter, ihre nicht weniger abgedrehten Freundinnen („Sie verwalten die Datenbank deiner Blödheiten“ ), der schmierige Lally, der wie ein böser Engel aus dem Nichts auftaucht und am Rad des Verhängnisses dreht, die skurrile Polizistengemeinde und die schöne, aber hirnlose Taylor Figueroa bilden die Staffage für eine ätzende Parabel auf die amerikanischen Provinz, an deren Ende es dem kleinen Vernon mächtig an den Kragen geht. Denn seine Unschuldbeteuerungen interessieren keine Sau. Sein Therapeut ist ein hinterlistiger Drecksack, Vernons Flucht nach Mexiko wird verraten, und in  einem einzigen Alptraum von Prozess wird er wegen des Schulmassakers zum Tode verurteilt. Am Ende des Buches sitzt er in der Todeszelle und muss Woche für Woche darauf hoffen, dass ihn die Abonnenten eines Fernsehsenders unter einer Anzahl von Todeskandidaten nicht per „Big Brother Abstimmung“ für die Todesspritze auswählen. Schon mit der Todesspritze an der Vene wird er im letzten Augenblick durch den Fund seiner Fäkalien weitab vom Tatort entlastet und gerettet.

Na, Gott sei Dank, denkt man sich, aber was  hat mir die Lektüre gebracht? Es war alles in allem eine flott berichtete  Geschichte in einem ganz eigenen  ironisch-sarkastischen Ton, doch gerade dieser  Ton hat als Stilmittel den Nachteil, das er sich auf die Dauer abnutzt, da unterscheidet sich „Jesus von Texas“ nicht vom „Fänger im Roggen“. Außerdem ist der  Roman, obgleich sorgfältig durchkonstruiert, in seinem Mittelteil nicht ganz frei von Längen, und bei der finalen Errettung des Protagonisten  hat ganz zweifelfrei der  deus ex machina mitgeschrieben.  Auf der anderen Seite ist dem Autor mit Vernon Little eine sympathische Figur geglückt, ein moderner Simplicissimus, dessen Detailbeobachtungen mitunter frappieren. Vier Punkte für einige unterhaltsame Abende mit dem einen oder anderen Gähner.

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