Schröck. Der Biedermann. Die Geschichte des Frauenmörders Horst David

Es gehört zur geistigen Physiognomie unserer Zeit, dass das Böse fasziniert. Dem Bösen wird Tiefe, Abgründigkeit und Ambition unterstellt (Hannibal Lecter lässt grüßen ) Hannah Arendts These von der „Banalität des Bösen“ hat demgegenüber wenig Anhänger gefunden – im Gegenteil: die Flachheit und Spießigkeit, die sie am Beispiel der Nationalsozialistischen Massenverbrecher dem Bösen zuordnete, wird heute gerne dem Guten zugerechnet.

Umso interessanter liest sich deswegen die vorliegende Studie über den  Frauenmörder Horst David, dessen Persönlichkeit an Öde, Flachheit und Bigotterie kaum zu übertreffen ist. Der geschiedene Anstreicher galt als höflich, anpassungsfähig und verlässlich, als er dem Münchener Ermittler Josef Wilfing in die Falle ging und erst nach langen Untersuchungen den ganzen Umfang seiner Verbrechen gestand. Host David hatte im Laufe von knapp 20 Jahren nacheinander sieben Frauen bestialisch ermordet und die Melange von Zufall und Sinnlosigkeit, Kreatürlichkeit und Beliebigkeit, die sich den Beamten bei ihren Verhören  enthüllte, macht geradezu sprachlos.

„David letzte, tiefste Gründe für seine abscheulichen Taten sind offen geblieben“ (S. 216)  resümierte der Staatsanwalt am Ende des Prozesses Kein Wunder also, dass der Leser ein  wenig ratlos zurückbleibt. Weder hat  ihm der Autor eine psychologische Motivsuche noch eine typologische Einrodung des Serienmördern gegönnt, noch wurde er durch die Fahndungsarbeit der Polizei unterhalten. Auch die Frage nach der Natur des Bösen, also das Problem, ob es für solche Taten überhaupt eine Erklärung geben kann oder ob sich hier nicht das pure und grundlos Negative an sich äußert, bleibt unthematisiert  Das Buch verliert sich stattdessen  in den Untiefen der breit geschilderten Vernehmungsarbeit und einer kaum überschaubare Menge an Details, ohne dass hinreichend Spannung entstünde. Aber vielleicht ist diese Wertung auch ungerecht. Denn ein brillant geschriebnes Buch über eine derart stumpfsinnige Figur wie den Serienkiller Horst Frank wäre fast schon wieder zuviel der Ehre.

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