Timm Kruse: Roadtrip mit Guru

Kruse GURUTimm Kruse ist Redakteur beim NDR und 39 Jahre alt. Er hat die Frau seines Lebens gefunden, hat genug zu essen, ist gesund und trotzdem sucht er nach Erleuchtung. Warum, das weiß er im nachherein selbst nicht mehr. Diese Suche führt ihn zu einem Guru, der ihn derart begeistert, dass er seine Partnerin und seine Familie zeitweise verlässt, um nachzusehen, was bei diesem Guru in dessen Heimatland Indien so abgeht. Er wird Mitglied eines südindischen Aschrams, in dem sich bereits ein Dutzend Westler befinden, lauter Männer und Frauen zwischen 35 bis 55 Jahren „dem besten Alter für spirituelle Erleuchtung“. Der Guru erscheint auch Indien als eine faszinierende Persönlichkeit, die immer anders reagiert, als man es erwartet. Er scheint die Gedankens der  Jünger  lesen zu können, ist schlagfertig, mal völlig abgedreht, dann wieder extrem burschikos. Dazu ein Beispiel: „Auf der Zufahrtsstraße vor dem Tempel lungerten Dutzende von Bettlern herum. Als sie den Guru erblickten, erhob sich ein gewaltiges Gejammer. Guruji, gimmi, gimmi Guruji, gimmi! Aber Guruji war nicht in Gimmi-Gimmi-Laune und ranzte einen jungen Bettler an, er möge gefälligst arbeiten gehen”. Auf der anderen Seite ist der  Guru so geschäftstüchtig, dass er seinen Adepten Apartments für 60.000 Euro verkauft und mit ihnen auf IMG_2117Werbetour durch Europa tingelt. Überall treffen sie auf Wohlhabende und  Arrivierte, die sich auf der  auf der Suche nach Sinn und Erfüllung locker über den Leisten zeihen lassen. Schließlich hat Timm die Nase voll.  „Ich konnte von der Erhabenheit unseres Meisters nichts mehr erkennen. Ich hatte das Gefühl, dass er immer fetter wurde. Ständig trank er gezuckerten Schwarztee und stopfte Essen in sich hinein. Außerdem feixte er die ganze Zeit herum und turtelte unverhohlen mit Eden.” Am Ende erwacht Timm endgültig aus seinem Guru-Traum, verlässt den Meister und kehrt reumütig zu seiner Familie und seiner Frau zurück.

Das vorliegende Buch ist der Bericht über diese Zeit, nicht in Verbitterung sondern im Habitus eines leicht verwunderten Kopfschütteln darüber geschrieben, wie man einer solchen Pfeife wie dem Guru aufsitzen konnte, Aber halt, er war nicht nur eine Pfeife, sondern eben manchmal auch beeindruckend, irritierend, grandios,  wobei die größte Wirkung des Gurus allerdings darauf beruhte, das die Gläubigen auch verhext werden wollten. Tatsächlich gelingt es dem Buch, den Leser an dieser Pendelbewegung zwischen Bewunderung und Absatzbewegung teilhaben zu lassen. Die ironische Perspektive, aus der heraus das Buch geschrieben ist, macht den Text  amüsant und unterhaltsam, obwohl die Sache, um die es geht,  im Grund gar nicht witzig ist. So ist das Buch halb witzig und halb ernst und bleibt merkwürdig in der Schwebe.

 

 

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